„Ich würde so gerne mehr für mich schreiben, aber ich finde einfach den Anfang nicht!“ – das höre ich oft von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Schreibwanderungen oder des #stadtschreibens. Und kenne das Problem selbst auch, sowohl beim privaten als auch beim beruflichen Schreiben.
Was vielen Menschen Angst vorm leeren Blatt einjagt, sind meistens zwei Dinge: zum einen die Befürchtung, nicht gut genug zu sein, den eigenen Ansprüchen an Wortwahl, Tiefe und Originalität der Gedanken, Grammatik, Rechtschreibung usw. nicht genügen zu können. Und zum anderen das eigene Pflichtbewusstsein: „Ich kann mich doch jetzt nicht einfach hinsetzen und schreiben! Zuerst muss ich doch noch meine To-do-Liste abarbeiten, den Rasen mähen, die Winterreifen aufziehen, mit den Kindern lernen, die Katze füttern, den Hausputz erledigen …“ – was auch immer getan werden muss.
Nur zehn Minuten pro Tag – das passt in jeden Tagesablauf!
All diese Gedanken lassen sich zum Glück wirkungsvoll in die Flucht schlagen. Was Du dafür brauchst, sind lediglich zehn Minuten Zeit pro Tag – und die Erlaubnis, richtig schlechte Texte zu schreiben. Hier kommt eine kleine Anleitung:
- Wühle in Deinem Notizbuch- und Papier-Bestand und nimm das schönste Schreibmaterial, das Du finden kannst – oder besorge Dir neues Papier oder die Kladde, die Du schon immer haben wolltest. Und einen Stift, mit dem Du gerne schreibst.
- Setz Dich morgens, bevor Du mit Deiner täglichen Routine beginnst, zehn Minuten lang an einen Platz, den Du magst und an dem Du ungestört bist, und schreibe. Über ein beliebiges Thema, das Dir einfällt. Oder über das, was Du siehst, wenn Du aus dem Fenster schaust. Über das, was in Deinem Kopf und Bauch gerade herumgeistert. Wie es Dir geht, was Dir an diesem Tag bevorsteht. Vermeintlich unwichtiges Zeug. Ganz egal.
- Schreib schnell, ohne über eine Textstruktur nachzudenken oder Wortwahl und Rechtschreibung zu korrigieren. Was Du schreibstn, muss nicht schön sein, auch nicht anspruchsvoll, originell und erst recht nicht korrekt. Erlaube Dir einfach, einen richtig schlechten Text zu schreiben.
- Wenn Deine Gedanken ins Stocken kommen, schreibe trotzdem schnell weiter – nämlich darüber, dass Deine Gedanken gerade ins Stocken kommen. Wenn gar nichts mehr geht, wiederhole das letzte Wort oder male Kringel und Wellenlinien aufs Papier – so lange, bis der nächste Gedanke kommt, den Du aufschreibst. Hauptsache, Deine Hand bleibt im Schreibfluss.
- Höre nach zehn Minuten wirklich auf. Und lies nicht noch einmal durch, was Du geschrieben hast.
- Mache am nächsten Tag weiter: Zehn Minuten schreiben, so schnell wie möglich, unstrukturiert, unzensiert, über das, was in Dir ist und raus will – auch wieder morgens, bevor Du in die Hektik des Tages einsteigst.
- Nach einer Woche lies alles noch einmal in Ruhe durch. Wenn Du magst, schreibe dann einen Text darüber, welche Gefühle und Gedanken diese Aufzeichnungen in Dir hervorrufen. Und am nächsten Tag beginnst Du wieder von vorne.
Diese Übung ist eine Kombination aus Freewriting und den Morgenseiten – beides sind Methoden aus dem Kreativen Schreiben – und natürlich nur eine von vielen Möglichkeiten, in einen Schreibfluss zu kommen. Ich gebe Dir hier immer wieder auch noch weitere Anregungen.
Warum Schreiben ganz generell beim Leben hilft, liest Du Blogbeitrag „Schreiben schult die Achtsamkeit“. Dort findest Du auch eine kleine, sehr wirkungsvolle Anregung für ein abendliches Schreibbritual.